Snowpark Kitzbühel: Zwischen Spaß und Ernst ist alles Freestyle

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12.10.2016, 09:39
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Es ist Freitag, die Sonne blinzelt durch hohe Schleierwolken, der Schnee knirscht unter den Skischuhen, Sebastian Goller stapft zum Sessellift. Der junge Freeskier will und darf keine Zeit verlieren, es ist der letzte Trainingstag vor dem Contest, der szenebekannten „Sick Trick Tour“ in Kitzbühel. Warum er an einem Wochentag nicht in der Schule ist? Nun ja, das ist er gerade. Denn der Pinzgauer aus Neukirchen am Großvenediger wird am Schigymnasium Saalfelden professionell im Zweig „Freestyle“ ausgebildet – im Winter ist der Berg sein Klassenzimmer…

„Sebi Goller ist ein super Bursche, er ist einer der jüngsten, den ich im Ski Club dabei habe. Ich kenne ihn schon relativ lange, habe ihn auch früher schon beobachtet und vor ungefähr zwei Jahren zum Ski Club geholt. Ich habe gesehen, dass er Potential hat. Wie er sich die letzten drei Jahre entwickelt hat … da geht was! Er ist mittlerweile 17 Jahre alt, das ist ein super Alter. Da ist er noch voll dabei, um international was zu erreichen.“ Patrick Hollaus, Freeski-Trainer des Kitzbüheler Ski Club (K.S.C.), erzählt stolz von seinem Schützling. Der ehemalige Pro Rider und dreifache Austrian Freeski Champ ist immer noch fest in der Szene zwischen Salzburg und Tirol verankert. Sein Augenmerk liegt heute jedoch darauf, den Nachwuchs in der Region um den Snowpark Kitzbühel zu fördern. Er selber hatte „damals“ wenig Hilfe: „Zu meiner Zeit hat es leider noch keine Trainer gegeben … es war halt früher ein bisschen anders. Früher tickte die Szene generell noch anders, etwas mehr miteinander, Snowboarder und Skifahrer. Heutzutage ist der Konkurrenzkampf in den Vordergrund gerutscht. Trainer sehe ich aber durchwegs positiv, denn als ich mich damals verletzt habe … hätte ich da einen Trainer gehabt, wäre es vielleicht nicht passiert.“ Patrick Hollaus ist nach seiner Verletzungspause immer mehr vom aktiven Fahren ins Trainerdasein hineingewachsen. Wer heutzutage keinen Coach hat, wird es vermutlich nicht weit bringen. Und wer keinen perfekt geshapeten Snowpark in der Nähe hat, auch nicht.

Sebastian dreht schon seine Runden im Park. Morgen soll alles klappen, seine Erwartungen sind hoch. Trotzdem geht es ihm um mehr: „Parkfahren ist für mich einfach nur Spaß, ich vergesse dabei alles um mich herum. Da kann ich einfach ich sein, fahren, wie ich will und meinen eigenen Style haben. Ich mag es, draußen zu sein und nicht nur in einem geschlossenen Raum zu sitzen und Computer zu spielen oder sonst etwas. In der Natur sein und mein Hobby ausleben – das taugt mir am meisten.“ Und doch ist der letzte Trainingstag keine ganz normale Session mit Freunden. Sebi feilt noch an dem einen oder anderen Trick und holt sich Tipps beim Trainer. „Safety first“ lautet die Devise, solide Runs sollen’s werden. „Ich probiere an so einem Trainingstag immer möglichst früh am Berg zu sein und fahre den ganzen Tag, um so viele Runs wie möglich zu sammeln und dabei umso sicherer zu werden. Heute schau‘ ich mir die Kicker noch genau an, ob sie luftig sind, ob sie flach sind und probiere dann einige Straight Airs und Speed Checks. Ich muss den richtigen Schwung haben, damit es nicht gefährlich wird für mich. Dann mach ich 3er und nach einiger Zeit kommen die besseren Tricks dann eh von alleine.“ Der größte Traum des 17-Jährigen wäre es natürlich, als Freeski Pro international Karriere zu machen. Aber alles der Reihe nach, morgen steht erst einmal der Contest an.

Sick Trick Tour’s called on!
Morgens noch vom Schneefall überrascht, scheint schon bald wieder die Sonne im Snowpark Kitzbühel. Organisatoren und Shaper arbeiten schon seit einigen Stunden und sowohl das Contest Set-Up als auch die restliche Infrastruktur stehen für die Rider tiptop parat. Angefangen hatte es mit der „Sick Trick Tour“ aus ganz anderen Gründen und ohne den professionellen Hintergrund von heute. Einen Snowpark hatte es noch gar nicht gegeben und das „Set-Up“ wurde vorm Contest extra aufgestellt. „Wir haben damals selber zu zehnt einen Kicker geschaufelt. Von einer Landung war nicht einmal die Rede damals, das hat sich schon extrem verändert. Die Kids von heute können sich wirklich geschätzt fühlen, dass sie so viele Spielplätze haben. Ich hoffe aber auch, dass sie es nicht verlernen, einfach so in die Natur rauszugehen und sich kleine Schanzen zu bauen.“ Mitorganisatorin Lisi Obermosers Augen strahlen noch immer so wie am ersten Tag, wenn sie von der Tour erzählt, die sie gemeinsam mit Flo Hasenauer und Max Schirmeisen vor 15 Jahren ins Leben gerufen hat. „Damals bei den Contests ist es einfach darum gegangen, dass wir alle gemeinsam am Berg Zeit verbracht haben, richtig viel Spaß gehabt und gegrillt haben und einfach einmal gemeinsam über eine lässige Schanze gesprungen sind, maximal noch ein paar Fotos davon bekommen haben.“
Während Lisi im Backcountry von den „guten alten Zeiten“ schwärmt, steht Sebastian schon im Line-Up und diskutiert mit seinen Freunden über die Tricks, die er heute runterbringen will. Drei Kicker stehen im Contest Set-Up der Kicker Line (9m, 11m, 13m) und auf der Rail Line geht’s über ein Elbow (9m), ein Flat-Down (8m) und ein Down Rail (8m). Nummer 191 soll ihm an diesem Tag Glück bringen – und wieder etwas näher zu seinem Traum einer professionellen Freeski-Karriere. Die Judges am Tower haben den kompletten Snowpark Kitzbühel im Blickfeld und üben keine Gnade. Jeder Schnitzer wird vermerkt, jeder Fehler verbucht. Sebastian ist nicht ganz zufrieden mit seiner Performance auf den Rails. Ein klein bisschen enttäuscht, ist die Erleichterung am Ende des Tages dann aber doch groß: „Jetzt geht’s mir gut. Fünfter bin ich gesamt geworden, Kitzbühel Ski Club Zweiter und den Best Trick Award hab ich gewonnen. War eigentlich ganz gut, hätte besser laufen können, weil ich die Rails ein bisschen verkackt habe, aber nächstes Mal geht’s besser und es war auf jeden Fall ein Spaß.“ Und darum geht’s - damals wie heute...

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